Kultur & Geschichte

Einleitung
Zur Zeit der Pharaonen war das historische Nubien teils Bestandteil Ägyptens, teils selbst Herr des ganzen Niltals. Die Islamisierung erfasste das Land erst Jahrhunderte nach Ägypten. Im 19. Jahrhundert wurde es zunächst von Ägypten erobert, dann für kurze Zeit von der Mahdi-Bewegung zurückerobert und schließlich mit britischer Hilfe der so genannte Anglo-Ägyptische Sudan bis zu seiner Unabhängigkeit 1956. Seit 1989 ist Umar Hasan Ahmad al-Baschir Staatspräsident des Sudan.

Vorgeschichte
300.000 – 8.000 v. Chr.: Paläolithikum
Älteste menschliche Siedlungsspuren des Homo erectus im Gebiet des heutigen Sudan. Aus Homo erectus entwickelte sich in Afrika der Homo sapiens, der von Ostafrika aus das Land am Nil besiedelte, bevor er – u. a. dem Nil nach Norden folgend – auch Asien und Europa für sich zu erschließen begann. Bedeutende Fundplätze im Niltal: Khashm el-Girba, Khor Musa.

8.000 – 5.000 v. Chr.: Mesolithikum
Der erste Fundort dieser Zeit, der untersucht wurde, war Khartoum Hospital, weshalb diese Kultur in der Archäologie als Khartoum Mesolithic bekannt ist.
Bedeutende Fundplätze: Ad-Damir, Abu Darbein, Wadi Howar, Shaqadud.

4.900 – 3.000 v. Chr.: Neolithikum
Während des 5. Jahrtausends v. Chr. gelangen aus Vorderasien Haustiere wie Rind, Schaf und Ziege über Ägypten auch in das zentrale Niltal. Uns änderte die Wirtschaftsweise zu einer kombinierten Subsistenzweise, indem neben Fischen und Jagen auch Tierhaltung betrieben wurde.
Bedeutende Fundplätze: Kadero, esh-Shaheinab, Kadruka, Kerma, Wadi Howar.

2.500 – 1.520 v. Chr.: Kerma-Kultur
Zur Zeit der ägyptischen Pharaonen war die Region des heutigen Sudan als Obernubien bekannt. Es gab schon früh Verbindungen zum nördlichen Ägypten und bis nach Griechenland, begünstigt durch die Lage am Oberlauf des Nils. Hier existierte das Königreich von Kerma – der älteste bekannte schwarzafrikanische Staat – der seinen Herrschaftsbereich bis zur Südgrenze Ägyptens ausdehnen konnte, im 2. Jahrtausend v. Chr. aber von den Pharaonen zurückgeschlagen wurde.

750 v. Chr. – 350 n. Chr.: Reich von Kusch
Hauptstadt war zunächst Napata, später dann Meroe. Das Reich kann auf eine starke Militärmacht und große Goldfunde aufbauen. Um 700 v. Chr. erobert Kusch Ägypten und stellt dort die 25. Dynastie der (nubischen) Pharaonen.

Christianisierung und Islamisierung

400 – 500 n. Chr.: Das Christentum etabliert sich, ausgehend von Ägypten, Äthiopien und Byzanz – in nördlichen und östlichen Teilen des Sudan. Es entstehen die christlichen Königreiche Alwa, Makuria und Nobatia.

ab 640 n. Chr.: Der Islam verbreitet sich im Norden durch arabische Händler. Die Ansiedlung und Vermischung arabischstämmiger und indigener Bevölkerung führt im Laufe der Zeit zu einer Arabisierung des Gebiets und einem starken Einflussverlust des Christentums. Einige christliche Königreiche in Nubien bleiben jedoch bis ins 14. Jahrhundert bestehen. Ab dem 16. Jahrhundert werden auch einige südsudanesische Volksgruppen muslimisch. Der Großteil des Südens bleibt jedoch bis ins 20. Jahrhundert den traditionellen Religionen treu.

1504 – 1821: Sultanat von Sannar
Es wird auch als Reich der Fung bezeichnet und trug vornehmlich zur Arabisierung und Islamisierung verschiedener sudanesischer Volksgruppen bei. Seine Hauptstadt war Sannar.

16. Jahrhundert bis 1874 Sultanat in Darfur
Das mächtige Sultanat in Darfur (auch Fur-Sultanat genannt) nimmt bis zur Eroberung durch die Türken eine Schlüsselrolle im transafrikanischen Handel ein. Es wird unter Ali Dinar nach Ende der Mahdi Herrschaft 1898 wiederhergestellt und bleibt bis ins Jahr 1916 bestehen.

Besetzung und Kolonialzeit

Im frühen 19. Jahrhundert beginnen die Khediven (die osmanischen Vizekönige von Ägypten) den Sudan zu erobern. Entlang des Nils stoßen sie immer weiter nach Süden vor.

1820: Die heutige Hauptstadt Khartum wird als Militärlager gegründet.

1821: Türkisch-ägyptischen Truppen unter Führung Ismael Kamil Paschas erobern das Sultanat von Sannar, das Königreich Darfur und schließlich 1871 mit der Provinz Äquatoria.

1874: Charles George Gordon wird zum Gouverneur von Äquatoria und dann des gesamten Sudan ernannt.

Mahdi-Aufstand

1881: Die Bewegung des sudanesischen religiösen Führers Muhammad Ahmad (genannt al-Mahdi – der von Gott geleitete) breitet sich aus.

1882: Mahdi-Aufstand – Ägypten, das durch Großbritannien besetzt ist, zieht sich aus dem Sudan zurück.

1885: Khartum fällt in die Hände des Mahdis. Gouverneur Gordon wird dabei getötet. Der Mahdi gründet in Omdurman, eine neue Hauptstadt, wo er am 12. Juni 1885 stirbt. Der Mahdi-Nachfolger, Kalif Abdallahi ibn Muhammad, errichtet einen Staat der sich von Darfur im Westen bis Suakin im Osten (ohne die Stadt selbst) und von Dongola im Norden bis Bahr al-Ghazal im Süden erstreckt. Das Kalifat von Omdurman bildet die erste nationale sudanesische Regierung. Die Schari’a regelt alle Bereiche des menschlichen Daseins.

1898 Abdallahi ibn Muhammad wird durch ägyptische Truppen unter dem britischen General Lord Horatio Herbert Kitchener in der Schlacht von Omdurman geschlagen.

Britisch-ägyptisches Kondominium

1898: Faschodakrise zwischen Großbritannien und Frankreich, wegen ungekärter Besitzansprüche auf den Sudan.

1904: Frankreich zieht sich aus Faschoda zurück und verzichtete auf den Sudan. Der Sudan wird anglo-ägyptisches Kondominium.

Unter britischen Herrschaft wird die Hauptstadt Khartum ausgebaut und der Anbau von Baumwolle intensiviert. Wichtigstes Anbaugebiet wird die Gegend zwischen Weißem und Blauem Nil südlich Khartums.

Protestantische und katholische Missionare strömen ins Land. Dort, wo es bisher keine Islamisierung gab, vergrößert sich die christliche Minderheit zum Teil beträchtlich.

1948: Die Briten führen im Sudan eine Verwaltungsreform durch und lassen gegen den Widerstand Ägyptens 1951 eine nationale verfassunggebende Versammlung zu.

1953: Wahlen, die die Nationalen Unionspartei (Umma-Partei – UP) gewinnt. Damit ist der Weg in die Selbständigkeit geebnet.

1955: Der Bürgerkrieg zwischen dem christlich-schwarzen Süden und dem islamisch-arabischen Norden des Landes beginnt.

Republik Sudan

1. Januar 1956: Der Sudan wird unter Ministerpräsident al-Azhari unabhängig.

1958: Putsch durch General Ibrahim Abbud. Das Parlament wird aufgelöst, die Verfassung suspendiert und alle Parteien verboten.

Regierung der nationalen Union

1964 Abbud wird von einer zivilen Regierung wieder abgelöst, die von den beiden Mehrheitsparteien, der Umma-Partei und der Democratic Unionist Party (DUP), getragen wird. Al-Azhari wird Vorsitzender des Souveränitätsrates.

1969–1985: Herrschaft von Numairi

1969: Putsch unter Oberst Dschafar an-Numairi, der in der Folge die Sudanesische Sozialistische Union (SSU) als alleinige Partei im Staate installierte. Annäherung an die Sowjetunion.

1970: Verstaatlichung aller ausländische Banken und Unternehmen.

1972: Friedensabkommen von Addis Abeba mit dem aufständischen Süden. Der Süden erhält Autonomie, Amnestie für die Rebellen und Wirtschaftshilfe.

1972: Der Sudan nimmt wieder seine diplomatischen Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland auf.

1973: Neue Verfassung. Der Islam wird darin als Staatsreligion verankert, das Christentum als Minderheitenreligion anerkannt, der Sudan als Staat mit arabischer und afrikanischer Identität definiert.

1982: Vereinbarungen mit Ägypten für eine enge Zusammenarbeit in der Nilregion.

1983: Einführung der Schari’a. Erdöllagerstätten werden im Südsudan entdeckt. Der Südsudan begehrt erneut auf.

1985 Numeiri wird durch einen unblutigen Militärputsch gestürzt. Der provisorische Militärrat unter Swar ad-Dahab übernimmt die Macht.

1986: Allgemeine Wahlen im Sudan. Die Umma-Partei (UP) von Sadiq al Mahdi bekommt 99 Sitze, die Demokratische Unionspartei (DUP) 63; und die Nationale Islamische Front (NIF) unter Hassan Turabi 51. Sadiq al-Mahdi wird Ministerpräsident der Koalitionsregierung aus UP und DUP.

1989 bis heute: Herrschaft von Bashir

1989: Putsch durch das Militär, Umar Hasan Ahmad al-Baschir übernimmt die Macht.

1991: Die Schari’a wird erneut im vollen Umfang eingeführt.

1992: Der Konflikt im Süden spitzt sich zu, und es kommt zu einer großangelegten Offensive der Regierungstruppen gegen die Sudanesische Volksbefreiungsarmee (SPLA).

1996: Nach seiner Wiederwahl als Präsident verhandelte al-Bashir erfolglos mit der SPLA.

1999: al-Baschir löst das sudanesische Parlament auf und verhängt den Ausnahmezustand.

2001: Neuwahlen, al-Baschir gewinnt erneut, der Ausnahmezustand wird verlängert.

2005: Friedensvertrag mit dem Süden. Umar al-Baschir regiert gemeinsam mit der Nationalen Kongresspartei und der Sudanesischen Volksbefreiungsbewegung.

2011: Unabhängigkeitsreferendum im Südsudan, die Mehrheit der Südsudanesen stimmt für einen unabhängigen Staat.

9. Juli 2011: Der Südsudan ist offiziell vom Sudan getrennt.

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Zu Überprüfen

Das Reich von Kusch – Von Napta bis Meroe

Die Könige von Kusch wurden durch Invasionen der Assyrer aus Ägypten vertrieben. Nach König Tanwetamani im Jahre XXX gibt es zwar keinen Hinweis mehr darauf, dass die Kuschitenkönige weitere Versuche unternahmen, Ägypten zurückzuerobern. Jedoch könnte eine solche Militäraktion der Grund für den Feldzug des ägyptischen Pharaos Pasmtic II in Nubien 593 v. Chr. gewesen sein.

Pasmtics Krieg beschreiben griechische Söldner in Inschriften, ähnlich heutiger Graffiti, in Abu Simbel und Buhen sowie der griechische Historiker Herodot in seinen Aufzeichnungen.

Seine Armee drang weit in Nubia ein, eine Schlacht mit den Kushites bei Pnubs (Dokki Gel, Kerma) ist dokumentiert. Die ägyptische Armee könnte sogar Nappa erobert haben. Von dieser Zeit an residierten die Könige hauptsächlich in Meroe, wurden im Norden in Napta gekrönt, reisten für religiöse Feste in die Region von Dongola und wurden in Nuri begraben. Höchstwahrscheinlich war Meroe näher an den wohlhabenden und bevölkerungsreichen Zentren. Es gibt nur wenige Inschriften aus der Zeit von 590-300 v. Chr. Der König des Reichs von Kusch lieferte Truppen an die Armee, die die Xerxen 480 v. Chr. gegen Griechenland aussandten. Elfenbein aus Kusch wurde für den Bau der persischen Paläste verwendet. Die Namen der Könige der Kuschiten sind bekannt durch ihre Gräber bei Nuri. Eine lange Inschrift stammt von König Irike. Ein Manote im Tempel von Kawa und zwei große Stelen wurden vom Harsiyotef des Königs (ca. 380 v. Chr.) im Tempel von Jebel Barkal errichtet. Diese Inschriften dokumentieren Überfälle durch die Wüstenvölker auf die Städte der Dongola Reach und auch auf Meroe selbst. Das Ende dieser bewegten Zeit ist markiert durch die Umsiedelung des königlichen Friedhofs von der Napatan Region nach Meroe.