Sanganeb Süd | West | Nord

Dieser Riff – eigentlich ein Atoll – gehört zu den berühmtesten Tauchplätzen im Sudan. Immer noch weist es einen beachtlichen Artenreichtum an Unterwasserfauna auf. Das Sanganeb Riff erhebt sich aus einer Tiefe von über 800 Metern steil vom Meeresgrund. Seit 1990 bildet es ein 12 Quadratkilometer großes Naturschutzgebiet. Schon vom weitem ist der auf dem Südrand stehende 50 Meter hohe Leuchtturm zu sehen. Er wurde zwischen 1956 und 1964 als Ersatz für den Alten errichtet. Der Besucher sollte sich nicht scheuen, die 268 Stufen emporzusteigen. Von der Spitze hat man einen fantastischen Überblick über das gesamte Riff. Kenner bezeichnen diese Aussicht gar als den schönsten Blick, den man auf das Rote Meer überhaupt werfen kann. Das Spiel der Farbe vom dunklen Indigoblau bis hin zum leuchtenden Türkis bleibt jedem unvergesslich, der jemals den Weg hier herauf gefunden hat.
Seit dem Dezember 1998 wird das Leuchtfeuer mit Strom aus Solarzellen betrieben. Die vier Wärter des Leuchtturms freuen sich über jeden Gast. Denn außer dem Schiff, dass die Versorgungsgüter und die Ablösung bringt, gibt es während ihrer vierzehntägigen Schicht nur Abwechslung durch gelegentlich vorbeikommende Taucher-Gruppen. Während früher der Zugang zumeist im Gegenzug für eine Stange Zigaretten gewährt wurde, ist heute der Eintritt gänzlich frei. Wer mag, kann ein paar T-Shirts im improvisierten Shop erwerben.
Am Südende ist das Riffdach sehr flach und mit vielen kleinen Korallenblöcken überzogen. Zwischen diesen halten sich Doktorfische und vereinzelt auch Blaupunktrochen auf. Die Zufahrt zur Südlagune erfolgt über die große Nordlagune und ist so eng, dass große Safarischiffe sie nicht passieren können. Die am Rand sehr flache Südlagune wird zur Mitte hin 12 Meter tief. In ihr kann zwar getaucht werden, zu sehen gibt es jedoch nur wenig. Die Nord-Lagune mit ihren bis zu 48 Metern Tiefe ist von einem schmalen Riffband umsäumt. Die Hauptattraktionen liegen allerdings eindeutig an der Außenseiten des Riffs. Vor allem das Südwestplateau lässt kaum Wünsche offen. Es bietet eine üppig bewachsene, mit zahllosen Rifftieren belebte Unterwasserlandschaft. Aufgrund der exponierten Lage herrscht zeitweise stärkere Strömung.

Die Südseite mit dem Südwestplateau

Die mit Abstand meisten Tauchgänge werden auf dem Südwestplateau durchgeführt. Bis in 10 Meter Tiefe verläuft die Riffwand senkrecht, darunter geht sie in einen Schräghang über. Im Bereich von 35 Metern knickt der Hang lotrecht ab. Der obere Bereich ist zerklüftet und bildet zahlreiche kleine Höhlen und Spalten. Über Wäldern von Lederkorallen begegnet man Kurzstachel-Igelfischen. In ungefähr 50 Meter Tiefe schmiegt sich eine kleine sandige Stufe an das Riff, bevor die Wand darunter wieder senkrecht im tiefen Blau entschwindet.
Auf dem Ansatz des Südwestplateaus stehen in einer Tiefe von 10 bis 15 Metern große Korallenblöcke. Vom Grund erheben sich zahlreiche Peitschenkorallen, die zum Teil ganze Wälder bilden. Hier fällt die Entscheidung schwer, in welche Richtung der Tauchgang fortgesetzt werden soll. Zum einen lockt das pulsierende Leben auf dem Plateau, andererseits kann im Bereich der Kante, wie auch schon an der gesamten Außenwand des Riffes, größeres Getier angetroffen werden – mit etwas Glück sogar Meeresschildkröten oder vorbeiziehende Mantas.
Die Außenkante des Plateaus beginnt an ihrem Ansatz bei 10 Metern und sinkt bis auf etwa 33 Meter am äußersten Südwestzipfel ab. An ihr verläuft die stark zerklüftete Außenwand fast senkrecht und bildet Überhänge aus. Wer von hier aus den Blick ins unendliche Blau richtet, kann bei guten Bedingungen und mit etwas Glück den einen oder anderen Hammerhai zu Gesicht bekommen.
Oben auf dem Plateau entfaltet sich die gesamte Pracht des Roten Meeres bis hin zu großen Zackenbarschen unterschiedlicher Art. Eine Anzahl von Korallensäulen, die zum Teil wunderschön mit lilafarbenen Weichkorallen besetzt sind, lädt zum Betrachten und Fotografieren ein. Auch eine Schule von Stachelmakrelen ist häufig anzutreffen. Fahnenbarsche kommen in diesem Korallengarten in einer grenzenlos erscheinenden Anzahl vor. Auf dem Grund siedelt eine Vielzahl von Schwämmen, Lederkorallen, Gorgonien und Feuerkorallen. Wie selbstverständlich wurden in früheren Jahren Taucher hier von neugierigen und dennoch freundlichen Grauhaien willkommen geheißen. Ein oder zwei Dutzend dieser 1,8 Meter Räuber tummelten sich immer auf dem Plateau – zur großen Freude der Tauchergruppen. Eine Nacht- und Nebelaktion ausländischer Fischer soll dann allerdings die Ursache gewesen sein, dass vor gut 15 Jahren die gesamte Population heraus gefangen worden ist – und sich anders als erhofft auch bis heute nicht mehr durch Zuzug erholt hat.
Am Fuß der oberen Riffwand zieht sich über das Plateau ein Sandstreifen entlang, auf dem große Riesendrückerfische ihre Gelege in den Sand gegraben haben. Dort ist Vorsicht geboten, da sie ihre Nester aggressiv verteidigen. Die Riffwand über dem Plateauansatz ist bis 10 Meter so stark zerklüftet, dass sich Canyons gebildet haben. Sie sind bequem zu betauchen, den überbordenden Korallen- und Fischreichtum früherer Jahre bieten sie aber nicht mehr, nachdem im Jahr 1999 hier eine verheerende Korallenbleiche das Riff nachhaltig geschädigt hatte. Klein sind sie heute, all die weichen und harten Korallenstöcke. Und auch von der Vielfalt an Fischarten und –individuen ist nichts mehr zu sehen. Da trösten auch die Sichtungen von Napoleonlippfischen und Büffelkopfpapageifischen nur schwach hinweg. Im Zuge eines El Nino Phänomens und der damit einher gehenden Erhöhung der Wassertemperatur lag diese in der Lagune über längere Zeit hinweg bei deutlich überhöhten 38 Grad Celsius – also deutlich höher als jene 31 Grad, die Korallen gerade noch tolerieren können. Dieses viel zu warme Lagunenwasser ergoss sich über die Flanken des Riffs und schädigte diese in ernster Weise. Besonders bizarr wirkte das Geschehen auf einige Augenzeugen, die seinerzeit in einer denkwürdigen Nacht dieses Sterben der Korallen miterlebt haben. Synchron hatten die Korallen ihre für das Überleben so notwendigen Symbionten abgestoßen, wobei das gesamte Riff zu fluoreszieren begonnen hat. 10 Tage später waren alle einstmals so bunten Korallen weiß. 95 % des gesamten Korallenbestandes war tot. Somit ist das, was wir heute hier zu sehen bekommen, nur mehr ein trauriger Abklatsch früherer Opulenz. Wobei allerdings Neulinge im Sudan von den heutigen Sanganeb-Riffen schon wieder überaus angetan sind.

Nordplateau

Direkt an die Nordspitze Sanganebs, ca. 5 Seemeilen vom Lagunen-Ankerplatz der Schiffe, schließt sich ein langgestrecktes Plateau an. Es wird kaum betaucht, weil der Höhepunkt am Sanganeb Riff das Südwestplateau ist, und diese Entfernung zu überwinden mit den Zodiaks ihre Zeit braucht. Es können jedoch auch am Nordende erlebnisreiche Tauchgänge durchgeführt werden, wenn es der Wellengang zulässt. Der Ansatz des Plateaus beginnt in einer Tiefe von 4 Metern. Aufgrund des Wellenganges und der häufig auftretenden stärkeren Strömung ist es nur selten zum Tauchen geeignet. Von seiner Außenkante kann man jedoch wunderschön die vielen kleinen Rifffische beobachten, die im Spiel der Wellen umher schwimmen.
Unterhalb der ersten Stufe schließt sich ein sehr schön mit Weich- und Steinkorallen bewachsener Schräghang an. Er mündet in 25 Metern Tiefe in einen Kanal. Die häufig starke Strömung macht ein Gegenanschwimmen unmöglich. In nördlicher Richtung steigt das Plateau zunächst wieder bis auf 20 Meter an, um anschließend in einen Steilabfall überzugehen. Entlang der Außenseite ziehen Schwärme von Stachelmakrelen, Füsilieren und Kupfer-Schnappern vorbei. Unter ihnen wiegen sich Weichkorallen in der Strömung. Ab 40 Meter Tiefe beginnt eine weitere Plateaustufe, die sich kontinuierlich bis auf eine Tiefe jenseits von 60 Metern absenkt, um darunter steil abzufallen. Im Bereich dieser Stufe bestehen gute Chancen, Graue Riffhaie und Hammerhaie zu erblicken. Der Schräghang bietet einen prachtvollen Anblick. Er ist mit zahlreichen Weichkorallen bewachsen, und Fächerkorallen strecken ihre Körper in das freie Wasser. Im flacheren Bereich kann man einem Barrakudaschwarm oder großen Gruppen von Doppelflecken-Schnappern begegnen.
Grundsätzlich ist zu sagen, dass die Korallen am Nordplateau die hohen Wassertemperaturen im letzten großen El Nino Phänomen gut überstanden haben, so gut, dass sich hier heute wieder millionen von Fahnenbarschen leben, die das Wasser orange färben.

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